Barnard 68 (B68)

 

Die Dunkle Molekülwolke Barnard 68 (B68), ein faszinierendes Objekt der Astronomie, bietet uns einen tiefen Einblick in die frühe Phase der Sternentstehung. Diese Region im Weltraum ist als Dunkelwolke oder Dunkelnebel bekannt und zeichnet sich dadurch aus, dass sie aufgrund ihrer dichten Ansammlung von Gasen und Staub das Licht von dahinter liegenden Sternen blockiert. Sie befindet sich im Sternbild Ophiuchus (Schlangenträger), etwa 500 Lichtjahre von der Erde entfernt, und ist eines der am besten untersuchten Objekte seiner Art.

1. Was sind Dunkelwolken?

Dunkelwolken wie Barnard 68 sind dichte interstellare Wolken aus Gas und Staub, die optisch undurchsichtig erscheinen. Im Gegensatz zu anderen Nebeln, die oft leuchtend oder reflektierend wirken, blockieren Dunkelwolken das Licht von dahinter liegenden Sternen. Dies macht sie auf den ersten Blick unsichtbar, da sie sich als dunkle Flecken vor dem helleren Hintergrund des Himmels abzeichnen. Barnard 68 ist ein besonders auffälliges Beispiel, weil er in einem vergleichsweise hellen Sternenfeld liegt, wodurch er als kompakte, nahezu runde, dunkle Region besonders gut erkennbar ist.

Die Grundkomponenten solcher Dunkelwolken bestehen überwiegend aus molekularem Wasserstoff (H₂), aber auch aus anderen Gasen wie Kohlenmonoxid (CO) und geringen Mengen von Staubpartikeln. Die Dichte dieser Wolken ist so hoch, dass die darin enthaltenen Partikel das sichtbare Licht verschlucken, was zu ihrer Undurchsichtigkeit führt.

2. Die Entdeckung von Barnard 68

Barnard 68 wurde von dem amerikanischen Astronomen Edward Emerson Barnard katalogisiert, der viele dieser Dunkelwolken entdeckte und in einem Katalog zusammentrug. Der „Barnard-Katalog Dunkler Nebel“ umfasst eine Vielzahl solcher Objekte, die nach ihm benannt sind. Im Fall von Barnard 68 stellte Barnard fest, dass es sich um einen besonders dichten und gut abgegrenzten Dunkelnebel handelt, der etwa den 1,5-fachen Durchmesser der Sonne aufweist.

Obwohl Barnard 68 schon in den frühen 1900er Jahren entdeckt wurde, erlangte die Wolke im 20. und 21. Jahrhundert durch den Einsatz moderner Instrumente wie des Very Large Telescope (VLT) der Europäischen Südsternwarte (ESO) besondere Aufmerksamkeit. Die Verwendung von Infrarot-Technologie ermöglichte es den Astronomen, durch die undurchdringliche Hülle hindurchzublicken und das Innenleben der Wolke zu untersuchen.

3. Die Struktur und Zusammensetzung von Barnard 68

Barnard 68 hat einen Durchmesser von etwa einem halben Lichtjahr und eine Masse, die der Masse der Sonne entspricht. Die Dichte dieser Wolke ist jedoch so hoch, dass sie fast vollständig lichtundurchlässig ist. Nur Infrarot- und Radiowellenlängen können diese Barriere durchdringen, was es den Astronomen ermöglicht, die Zusammensetzung und die physikalischen Eigenschaften von B68 zu studieren.

Die Wolke besteht überwiegend aus molekularem Wasserstoff, der am häufigsten vorkommenden Form von Wasserstoff im Universum, wenn dieser in kalten, dichten Umgebungen vorkommt. Neben Wasserstoff gibt es Spuren von Kohlenmonoxid und anderen Molekülen. Besonders interessant ist der Staub, der nur einen kleinen Teil der Masse ausmacht, aber dennoch eine wichtige Rolle in der Blockierung des Lichts spielt. Staubpartikel absorbieren und streuen Licht effektiv, insbesondere im sichtbaren Spektrum, was dazu führt, dass die Wolke so dunkel erscheint.

4. Sternentstehung in Dunkelwolken

Dunkelwolken wie Barnard 68 sind nicht einfach nur leere Flecken am Himmel, sondern potenzielle Geburtsstätten neuer Sterne. Solche Wolken bestehen aus dichtem Gas, das durch seine eigene Gravitation dazu neigt, zusammenzubrechen. Dieser Prozess, bekannt als Gravitationskollaps, kann schließlich zur Entstehung eines neuen Sterns führen, wenn die Temperatur und der Druck im Zentrum der Wolke ausreichend steigen.

Im Fall von Barnard 68 wird angenommen, dass die Wolke kurz davor steht, zu kollabieren. Beobachtungen deuten darauf hin, dass die Wolke instabil ist und vermutlich innerhalb der nächsten 100.000 Jahre in sich zusammenbrechen könnte. Dies ist auf eine Kombination aus Eigengewicht und äußeren Einflüssen zurückzuführen, die die Stabilität der Wolke beeinträchtigen. Solche Ereignisse sind extrem selten und schwierig zu beobachten, da sie über lange Zeiträume ablaufen.

Ein entscheidender Faktor für den Beginn der Sternentstehung ist die sogenannte Jeans-Masse, die die kritische Masse beschreibt, die eine Wolke benötigt, um unter ihrer eigenen Schwerkraft zu kollabieren. Barnard 68 liegt sehr nahe an dieser Grenze, was bedeutet, dass die Wolke wahrscheinlich bald einen Sternenbildungsprozess durchlaufen wird. Wenn dies geschieht, könnte Barnard 68 der Geburtsort eines oder mehrerer Sterne werden, was den Dunkelnebel von einer dunklen, leeren Region zu einem leuchtenden Sternentstehungsgebiet verwandeln könnte.

5. Beobachtungsmethoden und wissenschaftliche Erkenntnisse

Um Dunkelwolken wie Barnard 68 zu untersuchen, verwenden Astronomen eine Vielzahl von Techniken, darunter die Infrarotastronomie und die Radioteleskopie. Im sichtbaren Licht bleibt Barnard 68 nahezu unsichtbar, aber im Infrarotbereich können die Teleskope durch den Staub und das Gas hindurchsehen und die dahinter liegenden Sterne und die Struktur der Wolke selbst sichtbar machen. Diese Technologie ermöglicht es den Wissenschaftlern, die Temperatur, Dichte und chemische Zusammensetzung von Barnard 68 zu messen.

Ein bemerkenswerter Durchbruch in der Erforschung von Barnard 68 war die Kartierung seiner Dichteverteilung. Mithilfe von Radioteleskopen konnten die Forscher feststellen, dass die Dichte in der Mitte der Wolke am höchsten ist und nach außen hin abnimmt. Dies entspricht theoretischen Modellen von Dunkelwolken, die voraussagen, dass diese Wolken durch ihre eigene Gravitation zusammengehalten werden und eine dichtere Kernregion aufweisen.

6. Die Bedeutung von Dunkelwolken für die Astrophysik

Dunkelwolken wie Barnard 68 spielen eine zentrale Rolle im Verständnis der Sternentstehung und der Evolution von Galaxien. Sie sind die Orte, an denen neue Sterne geboren werden, und bieten daher wichtige Einblicke in die Prozesse, die zur Bildung von Sternen und Planetensystemen führen. Ohne Dunkelwolken gäbe es keine neuen Sterne, und das Universum würde allmählich verblassen, da die vorhandenen Sterne ausbrennen und keine neuen entstehen würden.

Darüber hinaus liefern Dunkelwolken wichtige Informationen über die chemische Zusammensetzung des interstellaren Mediums. Die Analyse der Gase und Staubpartikel in Barnard 68 hilft den Astronomen, die Entstehung von Molekülen und komplexeren Verbindungen im Weltraum zu verstehen. Diese Moleküle sind nicht nur für die Entstehung von Sternen relevant, sondern könnten auch eine Rolle in der Entstehung von Leben spielen, da viele organische Moleküle in solchen Regionen gefunden wurden.

7. Die Zukunft von Barnard 68

Es ist unklar, wie lange Barnard 68 in seiner jetzigen Form existieren wird. Die Wolke könnte in den kommenden Jahrtausenden kollabieren und einen neuen Stern oder sogar ein Mehrfachsternsystem hervorbringen. Alternativ könnte sie durch äußere Einflüsse gestört werden, beispielsweise durch die Schockwellen eines nahegelegenen Supernova-Ausbruchs, die die Wolke zerstreuen und ihren Kollaps verhindern könnten.

Für Astronomen bleibt Barnard 68 ein Objekt von großem Interesse, da er eine seltene Gelegenheit bietet, eine Dunkelwolke in einem frühen Stadium des Kollapsprozesses zu beobachten. Zukünftige Beobachtungen, insbesondere im Radiowellen- und Infrarotbereich, könnten weitere Einblicke in die physikalischen Prozesse liefern, die in solchen Wolken ablaufen.

Barnard 68 ist mehr als nur ein dunkler Fleck am Himmel. Er repräsentiert eine der faszinierendsten Phasen der Sternentstehung und bietet wertvolle Informationen über die Prozesse, die in den Tiefen des interstellaren Raums stattfinden. Als Dunkelwolke bietet er den Astronomen die Möglichkeit, die Zusammensetzung und Dynamik von Molekülwolken zu studieren und die Bedingungen zu verstehen, die zur Entstehung neuer Sterne führen. Die Zukunft von Barnard 68 könnte uns zeigen, wie Sterne aus solchen Wolken geboren werden, und uns helfen, unser Verständnis des Universums und seiner Entwicklung weiter zu vertiefen.